Wenn ich das Büro abends verlasse, ist es für mich, als würde ich jedes Mal neu im Urlaub ankommen. Es wird noch früh dunkel und die Badaro-Street ist noch nicht gefüllt. Erst in zwei Stunden beginnt hier die Völlerei und Feierei. Die Weihnachtsdeko, die angeblich noch bis Februar hängt, spiegelt sich im Licht der Pfützen, in denen meine Schuhe komplett versinken können. Aber obwohl es in Strömen regnet, ist es so herrlich warm im Vergleich zu dem Schneechaos, das über Mitteleuropa hereingebrochen ist.
An diesem Abend gehe ich nicht direkt nach Hause, das W-lan ist ausgefallen. Auf dem Weg in die Stadt komme ich an einem Panzer vorbei und die Soldaten mit ihren Maschinengewehren wundern sich, dass jemand zu Fuβ geht, statt ein Taxi zu nehmen. Dann komme ich an ein völlig zerschossenes Haus, das heute das Kriegsmuseum ist. Manchmal gibt es keinen Bürgersteig und ich muss über die Straβe gehen, auf der die Autos im Stau stehen und sich gegenseitig voller Missmut oder aus reiner Gewohnheit anhupen. Der Müll quillt aus den riesigen Tonnen hervor, alles liegt zerstreut darum herum.
Heute möchte ich durch die Souks laufen, denn die sind überdacht und ich kann dem Wetter entfliehen. Hier gibt es Zara, H&M, Jack&Jones, aber auch viele andere Läden, die ich nicht kenne. Die Preise sind grauenvoll, aber trotzdem sind viele Familien in den Märkten unterwegs. Vielleicht, weil der Weihnachtsmarkt noch steht. Weil direkt nebenan eine Moschee staht, kann ich bis hierhin den Ruf des Muezzins hören.
Den Weg nach Hause spare ich mir und ich nehme ein Taxi. Alle Autos mit rotem Kennzeichen sind Taxen, und wer den „Service“ vor dem Einsteigen bestellt, wird für 2.000 Libanesische Lira mitgenommen. Als die anderen drei Mitfahrer meines Taxis ausgestiegen sind, unterhält sich der Fahrer, den ich auf siebzig Jahre schätze, in gutem Englisch mit mir. Er fragt, was ich noch alles sehen möchte, und erzählt mir von der Schönheit seines Landes. Als ich aussteige, gibt er mir seine Whatsapp-Nummer. Jetzt kann ich ihn anschreiben, wenn ich mit Freunden irgendwo hinfahren möchte.
Am Snack al Mathaf bestelle ich noch schnell Schawarma, in der Rolle und nicht als Teller. Hinter der Theke wird Wasserpfeife geraucht und ich bin die einzige, die augenscheinlich nicht Araberin ist. Der junge Mann an der Theke kennt mich schon. Ich komme öfter her, auch mit Kollegen, und er fragt mich, wie die Arbeit war. Er war schon mal in Berlin, sagt er, und hat den Bundestag gesehen.
Das Schawarma ist groβartig und ich lasse es mir schmecken, als ich über die Straβe und nach Hause gehe. Ich liebe die Petersilie darin, die Freundlichkeit der Menschen und das Chaos auf den Straβen. Und ich freue mich schon auf die warmen Sommernächte, auf das Meer und die Berge. Gute Nacht, Beirut!